Vom Meerhorn das nicht mehr schwimmen will
- Leo

- 4. Feb. 2023
- 2 Min. Lesezeit

Ich höre immer wieder tolle Erfolgsgeschichten von Abhängigen und psychisch kranken Menschen, die genesen und geheilt sind.
Sie werden Arzt, Lehrer oder Coach.
Sie gründen gemeinnützige Organisationen, Familien oder alternative Wohngruppen.
Sie laufen Marathon, machen eine Weltreise oder verkaufen alles was sie haben und gehen in einen indischen Tempel um neue Erfahrungen zu machen.
Sie erfinden irgendwelche tollen Produkte oder werden Regenwaldpate.
Die Geheilten sind dann, wenn sie nicht mehr krank und abhängig sind, wieder voll "arbeitsfähig", "belastbar" und "gesellschaftsfähig".
Das heißt sie haben keinen "Welpenschutz" mehr und müssen zurück in das gesellschaftliche Haifischbecken.
Das Problem ist:
Ich bin ein Meerhorn mit Plüschflosse und kein Hai.
Ich will nicht mehr zurück in diesen Teich.
Ich will kein Weltverbesserer sein müssen.
Auch keine Reisen.
Ich will nicht auf irgendwelche Wichtigtuerveranstaltungen gehen und dort so tun als würde ich die Gespräche interessant und die Witze lustig finden.
Ich will nicht morgens fünf Uhr aufstehen, im Stau zur Arbeit fahren und erst abends um acht wieder nach Hause kommen total kaputt und am besten die Stunde in der Mittagspause dazwischen noch Fitness Training oder noch schlimmer- Yoga- machen.
Ich hasse Sport und Yoga und Vollzeitjobs.
Ich will auch keine Familie mehr gründen, weil ich froh bin, dass ich keine Verantwortung mehr haben muss für das Wohlergehen anderer Menschen.
Ich will nicht stundenlang rum diskutieren in irgendwelchen Gruppensitzungen und darüber fachsimpeln was richtig und was falsch ist für ein gemeinsames Ziel. Weil ich sowieso nur eins gelten lasse: meins.
Ich will keine Kompromisse mehr.
Keine Auseinandersetzungen.
Keinen Druck.
Keinen Stress.
Keine fremdbestimmten Aufgaben die mich nerven.
Keine Kunden die ich nicht mag.
Keine Termine die mich sinnlos aufregen.
Keine Dinge tun die mich anstrengen.
Ich will faul sein dürfen.
Ich will schwach sein dürfen.
Ich will dass man nichts von mir erwartet, damit ich dann alle damit überraschen kann was ich alles schaffe und Beifall dafür kriege, wenn ich mir alleine die Klettverschluss-Schuhe zubinden kann.
Oder einen Haufen in die Windel machen und mich drüber freuen wie es stinkt.




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