Live every Monday if it was a Friday!
- Leo

- 24. Apr. 2023
- 4 Min. Lesezeit

Was ich morgen besser machen will:
Nichts. Ich bin gut so wie ich bin. Ich habe genug. Ich tue genug. Ich bin genug. IMMER NUR HEUTE!
Was ich heute Positives für mich getan habe auf der Arbeit:
1. Überzeugende Argumentation bei völliger Ahnungslosigkeit am Diensttelefon - immer wieder äußerst hilfreich, besonders am Montagmorgen. Ich bin montags vor zehn immer froh, wenn ich mich an meinen eigenen Namen erinnern kann…
2. Mich mit den Kolleginnen zum Ofenkartoffelmittagessen verabredet – auch wenn die Woche noch so beschissen ist, eine Ofenkartoffel mit Räucherlachs im Enjoy reißt es immer raus. Obwohl ich auch nach 20 Jahren immer noch nicht verstehe, warum sie diese Kartoffel immer in einem überdimensionalen Aluminiumfolien-Schwan servieren. Vermutlich ist das so ein DDR-Relikt. Bestimmt wurden früher echte Schwanen-Eier mit Räucherlachs kredenzt, doch inzwischen stehen Schwaneneier wegen der Union unter CO-2-Schutz und man musste sie durch eine Kartoffel ersetzen. Der Folienvogel ist jetzt das traditionelle Denkmal dafür. Oder so.
Was ich heute für mich getan habe - in der Freizeit
Eine herausfordernde Unterkörper-Massage in der Physiotherapie: Ich erkläre der Physiofrau, dass ich gefühlt grad einen riesigen Stock im Arsch habe.
Sie meint nach einigem Rumtatschen“, mein „Persefonie“ oder so sei total verspannt. Mit der Sanftheit eines Schlagbohrers walgt sie anschließend 20 Minuten lang meinen Allerwertesten durch. Ich muss heulen.
„Können Sie den Schmerz beschreiben?“ fragt sie. „Aaaaaaaauuua!“ antworte ich, was ihr nicht wirklich weiterhilft.
Nachdem ich fünfmal fast gestorben bin, geht es mir tatsächlich zum Abschluss der Tortour besser. Die Patienten-Oma aus der Nachbarkabine schaut mich beim Rausgehen abfällig an, weil ich die ganze Zeit gejammert hab und sie mit ihren 112 Jahren keine einzige Miene geschweigedenn einen Ton hat fallen lassen. Ihre Augen sprechen: „Ha! Unsere Kriegsgeneration ist eben hart wie Kruppstahl! Was seid ihr jungen Leute doch für Lappen!“
Die Therapeutin bittet mich, ich solle beim nächsten Mal nicht mehr so schreien wenn´s geht, das verschrecke die anderen Kunden. Die glauben dann ich würde gefoltert. „Stimmt doch!“ denke ich und sage: „Ich bin aktuell sehr sensibel wegen meiner Körperschemastörung, bitte um Entschuldigung.“
Erst zuhause stelle ich fest, dass ich wie immer seit meiner Recovery eine Männer-Unterhose anhabe, damit die Oberschenkel nicht so aneinander reiben. Zuerst ist mir das ein bischen peinlich.
Meine Oma sagt man zieht sich immer extra „ordentliche“ Schlüpfer an wenn man zum Arzt muss. Auch wenn man eine längere Reisen antritt – falls man unterwegs einen Unfall hat und der Notarzt kommen muss, damit man dann wenigstens ordentliche Unterwäsche an hat.
Naja, was solls mit mir und der Männerbuxe. Bestimmt hat die Therapeutin schon Schlimmeres gesehen. Wenigstens hab ich keine Arschhaare.
Wofür ich heute dankbar bin:
1. Dass ich heute einen Orgasmus mit einem belegten Käsebrötchen an der Bushaltestelle hatte.
Ich war mittags per Rad unterwegs, es begann zu schütten, also verbrachte ich meine Mittagspause notgedrungen draußen am Bebel-Platz. Vor einigen Monaten noch wäre es undenkbar gewesen einfach so unterwegs im Freien allein an einer ranzigen Haltestelle im Regen ein ganzes belegtes Brötchen mit Majo und Ei zu essen. Ich wäre durchgedreht! Das passte in keinen Zeitplan, in keinen Essenplan, erst recht wärev es viel zu unruhig, viel zu offen, viel zu …nass/kalt/spontan/viel zu viel zu viel ….zu…..viel gewesen - AAAAAH!
Und jetzt sitze ich dort auf dem kalten und viel zu harten Gittersitz, verkühle mir die Nieren und schiebe mir dieses Brötchen rein. Es schmeckt wie die verdammt beste belegte Käsesemmel der ganzen großen Welt. Einfach Wahnsinn!
2. Ich bin auch dankbar dafür, dass ich so coole nette liebe KollegInnen habe und einen Chef der fast nie da ist, sodass wir machen können was wir wollen - und das machen wir auch richtig gut finde ich. Wenn der Chef mal da ist gibt er uns die Hand und ein freundliches Wort und einen herzlichen Blick in unsere übermüdeten Augen, der sagt: „Danke!“. Vielleicht sagt er auch „Macht mal hinne, ihr Luschen!“ man weiß es nicht, ich bin ja auch kein professioneller Face-Reader freu mich deshalb trotzdem 😊
3. Weiterhin empfinde ich größte Dankbarkeit dafür, dass ich durch „meine“ Stadt radeln kann an einem ganz normalen Montag und hier und da immer wieder bekannte Gesichter treffe, die ich mit einem fröhlichen „Hey, Hallo!“ oder Winken oder Lächeln grüßen kann und mich so immer mehr verbunden, zuhause und angekommen fühlen darf.
Ich erinnere mich genau an die Zeit vor einigen Monaten. Da war mir nichts Wichtiger als nach der „anstrengenden“ Arbeit schnellstmöglich mit hektischen Schritten und einem riesigen Schlachtfeld im Kopf sowie einer gefühlten Axt in der Hand nach Hause in meine Höhle zu stampfen, um dort all die tobenden Emotionen aus mir in einem endlosen Fress-Kotz-Anfall zu entladen.
Um danach wieder wie eine Irre los zu rennen, raus, irgendwohin, nur um aus der Höhle wieder zu entkommen und nicht endlos weiter fressen und kotzen zu müssen.
Mich zwanghaft bewegen, um die womöglich aufgenommenen Kalorien wieder zu verbrennen. Menschen treffen, um aus meiner Gedankenhölle zu fliehen. Gleichzeitig aber unfähig dazu, in die leere Hülle meiner Selbst auch nur irgendetwas echtes Zwischenmenschliches aufnehmen zu können.
Heute strahle ich von innen heraus in die Stadt und die Stadt strahlt in mich hinein. Ich sehe nicht nur die Menschen um mich herum, ich kann sie fühlen und berühren und sie berühren mich. Es ist unglaublich!
Was ich morgen besser machen will:
Nichts. Ich bin gut so wie ich bin. Ich habe genug. Ich tue genug. Ich bin genug. IMMER NUR HEUTE!
(Na - Ok. Weniger heulen bei der Physio. Aber die ist nicht morgen. Erst wieder in zwei Wochen…)
Über was ich nicht sprechen will:
Ich habe Angst, dass ich morgen aufwache und feststelle, dass all das hier gerade nur ein viel zu schöner Traum war und ich zurück in meine alte Hölle muss.
Früher war ich betäubt und besoffen, um mein Leben zu ertragen.
Heute bin ich regelrecht„betrunken“ von meinem nüchternen freien Leben und habe Angst davor, jemals wieder an irgendeine Form von Hirn-Gift auch nur zu denken.
Auch schlechte Gedanken können Gift sein.
Was ich heute gelernt habe:
Live every Monday if it was a Friday!




Kommentare