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Beitrag: Blog2 Post

Tage wie dieser

  • Autorenbild: Leo
    Leo
  • 31. Jan. 2023
  • 2 Min. Lesezeit
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An so beschissenen Scheisstagen wie heute will ich am liebsten alles hin schmeißen und schreiend davon laufen. Ich würd gern irgendwem richtig fachgerecht eine rein zimmern, das Telefon gegen den nächsten meckernden Kunden klatschen oder mir eine Benzin getränkte Decke über den Kopf ziehen und sie anzünden.


Jeden Tag tausend neue Entscheidungen treffen. Jede Minute hin und her überlegen ob und wie und wann und wo und mit oder ohne wen ich den nächsten Schritt umsetzen kann. Ob das alles so richtig ist. Oder wem ich damit verletze, ob ich mir damit mehr schade als nutze.


Und dazu ständig dieser schreckliche Hunger....


Es ist nicht nur Hunger nach Essen.

Ich habe Hunger nach Leben.

Hunger nach Sicherheit und Schutz und nach endlich bei mir ankommen.


Hunger nach mehr.


Ich denke ich kann das alles nicht mehr ertragen. Ich schaff es einfach nicht. Es wird scheitern wie all die Male zuvor. Ich hab einfach keine Kraft mehr.


Gleichzeitig weiß ich, dass mir soviel Kraft fehlt, weil ich dieses ständige Drama in mir rum schleppe.


Quasi ein Teufelskreis.


Zuhause finde ich im Briefkasten den lang ersehnten Abschlussbericht meiner Haaranalsye.


Alkoholmarker Negativ.

18 Monate kein Gift mehr.

Inoffiziell eigentlich viel länger.


Ich erinnere mich plötzlich an all die gescheiterten Anläufe, die es dazu gebraucht hat. All die Rückfälle, Enttäuschungen, all die Verzweiflung und oft das Gefühl, es sei aussichtslos.


Und doch war jeder kleine Schritt, jeder Versuch, jeder Tag im "trocknen" ein Sieg und eine Bewegung in die Freiheit.


Niemals hätte ich damals geglaubt, je wieder Freude empfinden zu können an Dingen, Menschen, meiner Arbeit oder Veranstaltungen, ohne mich dabei zuzuschütten. Überhaupt irgendwas genießen zu können ohne zu trinken.

Mich selbst wieder im Spiegel anschauen zu können und ok zu finden.

Mir Dinge zu trauen, mutig, ehrlich, lustig oder traurig zu sein, ohne mir die dazu nötigen Gefühle antrinken zu müssen.

All das lag tausend Meilen außerhalb meiner Vorstellungskraft.


Nun liegt es hier auf meinem Wohnzimmertisch.

Schwarz auf weiß.

Und ich kann es selbst noch immer nicht recht glauben.


All die Aufregung über meinen heutigen "anstrengenden" Tag ist ein einziger Witz gegen die Demütigung, Angst und Leere, die der Mensch täglich erfahren und durchleben musste, der ich war, als ich regelmäßig trank.


Und doch kann ich nicht frei und stolz auf das Erreichte schauen.

Denn es ist für mich kein wirklicher "Sieg".


Es ist eine harte und ekelhafte Schicht, die nun abgetragen und abgelegt ist. Darunter ist noch nicht der erwartete Schwan zum Vorschein gekommen, sondern erstmal die nächste Ente.


Der Unterschied ist, dass die Sucht nach Essen und Anerkennung in unserer Gesellschaft nicht abgewertet, sondern noch von allen Seiten noch befeuert wird.


Das macht den Ausbruch um so schwerer.


Ich werde mir diesen Zettel als Etappensieg an den Kühlschrank hängen.


Als Erinnerung daran, dass alles möglich ist. Dafür, dass ich stärker, bin als ich oft glaube.


Und als Motivation dafür, was alles noch möglich ist für mich, wenn diese letzte alte Schale endlich abfällt.







 
 
 

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