Die singende springende Indianerin
- Leo

- 29. Jan. 2023
- 2 Min. Lesezeit

Ich habe heut leider kein Foto für dich!
Kein Problem, ich brauch keins.
Ich muss kein tolles Bild mehr abgeben.
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Meine Oma versteht nicht, warum ich mich im Internet tanzend mit einer Einhornkappe zum Affen mache.
Sie versteht auch nicht, was es mir bringt, vor 100 fremden Leuten schief einen Metal Rock Song ins Karaoke-Mikro zu grölen, so laut dass meine Stimme danach für zwei Tage klingt wie die eines Kettenrauchers mit Kehlkopfkrebs. Und dazu rum zu hüpfen wie eine Heuschrecke auf LSD.
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Eine psychische Störung ist eine Gefühlsstörung.
Eine Sucht ist eine Suche.
ES-SUCHT.
Die Suche danach, was fehlt.
Die Unfähigkeit, mit den eigenen Emotionen zurecht zu kommen, eigene Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen und nicht in ihrem Strudel unterzugehen.
Ich muss lernen, in ihnen zu schwimmen und hinderliche Gedanken mit Hilfe meiner "Flossen" abzuschütteln.
Wenn ein Gnu Gefahr wittert, gerät es in Stress.
Es ist dann fluchtbereit.
Sobald es die Gefahr als vorüber wähnt, schüttelt es sich und grast anschließend weiter.
In emotionalem Stress reagiere ich wie ein Gnu. Mein System ist dann im Kampf- und Fluchtmodus. Weil ich früher ständig von schlechten Gedanken und Situationen aufgefressen wurde, war das lange ein Dauerzustand.
Die erste Reaktion des Körpers auf Stress ist immer der Drang nach Energie. Er muss sich damit gegen vermeintliche Gefahr schützen. Es folgt Heißhunger.
Auf viel Energie. Auf schnelle Energie.
Zucker. Süßes. Deftiges.
Ein natürlicher Prozess, gegen den jede Vernunft und die besten guten Vorsätze machtlos sind.
Wenn ich mich bei Stress oft genug schüttle und alles raus schreie, hilft das meinem Nervensystem, dass ich auf gesündere Weise zur Ruhe finde und wieder "grasen" kann.
Warum habe ich das nicht viel früher getan?
Meine Mama hat immer getanzt und gesungen, wenn es ihr schlecht ging.
In viel zu engen Leggins durch unsere Wohnstube.
Bunt geschminkt und mit ziemlich exzessiven Bewegungen.
Wie ein Indianer beim Regentanz.
Manchmal hat sie sich sogar so angezogen wie einer. Manchmal auch nur in Schlüppern -natürlich mit Regenstab!
Als Kind hat mich das ziemlich verstört.
Als Jugendliche war mir das saupeinlich. Heute würde man sagen:
Die Alte war ziemlich "gringe".
Die Ärzte und all die vielen "normalen" Leute im Dorf meinten dann immer, sie sei wieder "manisch".
Am besten schnellstmöglich wieder einweisen. Und Tabletten nehmen.
Viele Tabletten. Starke Tabletten ....
Heute ist mir klar, warum sie das gemacht hat.
Es war ein Versuch auszubrechen.
Aus einem zu engen Korsett eines zu engen Systems.
Ein Versuch, das alles abzuschütteln...
Aber niemand hat das damals verstanden. Stattdessen gab es Beruhigungsmittel und Ermahnungen.
Gerade und erst recht deshalb werde ich weiter mit meiner Leuchtmütze auf der Bühne meines Lebens herum springen und immer mehr lernen, drauf zu pfeifen, ob jemand mich deshalb für bekloppt hält.
Wer frei ist von Abhängigkeit, und sei es nur der von Anerkennung im Außen, der werfe die erste Tomate auf die "gringe Alte"!




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