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Beitrag: Blog2 Post

Seht ihr mich? Ich hab die längste Schaufel!

  • 3. Dez. 2022
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 9. Dez. 2022



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Diesen Stock habe ich mir aus dem Arsch gezogen und nun ist er eine Blume geworden - mein Dankesymbol an die Gruppe

Frauenzentrum - als ich davon das erstel mal gelesen hatte, dachte ich an ein paar so leicht übergewichtige Alice-Schwarzer-Aktivistinnen, die sich im Museum an irgendwelche Dick-Pics kleben - natürlich ohne BH!


Aber ich wollte dem Ganzen eine Chance geben und bin da hin - was soll ich sagen: es war absolut mega und ich kann es wirklich nur weiter empfehlen an alle Ladys in der Stadt, die auch so einen geprügeltes Ego haben wie ich und sich endlich mehr trauen wollen.

Die Vorgeschichte


Ein halbes Jahr lang haben sich 12 Frauen aus der Lausitz regelmäßig im Zentrum "Fraueninitiative Bautzen" getroffen, um sich dort mittels Workshops und Gesprächsrunden gegenseitig zu stärken, zu beraten, auszutauschen und in ihre eigene Kraft zu kommen.


Wir waren in zwei Gruppen aufgeteilt: die der MentorINNEN, also Frauen mit mehr Erfahrung -und die der Mentees - also die Frauen, die noch etwas dazu lernen wollen.


Ganz offiziell ging es um das Voranbringen eigener beruflicher Möglichkeiten.


Natürlich hatte ich mich als Mentee angemeldet.

In Sachen Vorbildfunktion kann ich maximal als Mentorin für das Berufsziel "Finanziell frei durch Vollmeise in 38 Jahren" vorangehen - ich glaube aber nicht, dass irgendjemand von den anderen da Bock drauf hat.


Also wurde ich Mentee - mit dem offiziellen Ziel, mich jobtechnisch umzuorientieren, mir vielleicht auch noch irgendein Ehrenamt zu suchen und Anschluss zu finden.


Im Grunde wollte ich mir wohl hauptsächlich beweisen, dass ich gut genug bin.

Gut genug für die Gesellschaft und gut genug, um in so einer Runde zu bestehen. Zwischen all den "normalen" Frauen.


Die Action


Eine der TeilnehmeriÍNNEN hat nun bei der Abschlussveranstaltung ihre kleine Tochter dabei.


Dieses Kind - es nervt mich die ganze Zeit tierisch und treibt mich innerlich zum Wahnsinn!


Warum müssen Kinder immer Mittelpunkt stehen?

Warum müssen sie immer dazwischen funken und um Aufmerksamkeit ringen?

Diese Gören von heute - sie sind laut, sie sind unbeherrscht, sie scheren sich nicht um Programme und Pläne der Erwachsenen. Und sie bekommen immer was sie wollen, wenn sie nur laut genug brüllen. Furchtbar!


Nach gefühlten zwei Stunden erbarmt sich jemand und schleift sie raus - zum Spielen oder zum Verprügeln- ist mir egal.

Hauptsache endlich Ruhe!


Aber denkste!


Nach fünf Minuten war sie wieder da - und jetzt hat sie SPIELZEUG mit gebracht!


Viel Spielzeug! LAUTES Spielzeug.


Ich dreh durch...


Man sagt, das was man an sich selbst am meisten ablehnt, stört einen auch an anderen Menschen am meisten.


Als kurze Zeit später unser "Dankeschön-an-die-Mentorinnen"Video läuft (was man kaum versteht, weil das Kind SPIELT), wird mir schlagartig etwas klar:


Ich hasse nicht dieses Kind - ich hasse MEIN inneres Kind!


Ich meine - Alter, ich hab in diesem Video eine verdammte blinkende Einhorn-Mütze auf und erzähle von "meinem neuen Blog."


Es ist MEIN Kind, das da schreit.


MEIN inneres Kind will gesehen werden und es will auffallen und es will Bestätigung.


Es will sich einen Scheiss um irgendwelche strengen Programmabläufe, Fragebögen und PowerPoint-Folien scheren und lieber tun, worauf es grad Lust hat. Zum Beispiel Kuchen essen. Spielen. Und ein Gedicht aufsagen, das eigentlich grad keiner hören will aber - alle sollen klatschen. Weil es sich so viel Mühe gegeben hat.

Ja - genau das will es!


Ich komme mir plötzlich ziemlich dämlich vor - auch ohne Einhornmütze.


Also beschloss ich, für diesen Nachmittag meinen inneren Frieden mit diesem Kind und meinem eigenen zu schließen - auch wenn es schwer fällt.


Eins der wichtigsten Learnings für mich in dem ganzen Programm war, dass vermutlich kein Mensch, und sei er noch so "erwachsen" und "weit" gekommen in seiner Karriere und seinem Leben, jemals das Gefühl haben wird gut genug zu sein.


Wir alle tun tausend Dinge gleichzeitig.


Wir lernen, arbeiten, studieren, bauen auf, erziehen, kämpfen, kochen, reden, führen, fallen hin, stehen wieder auf, machen weiter, immer weiter, noch mehr und noch besser - und trotzdem zweifeln wir.


Wir zweifeln immer wieder an dem was wir tun, wie wir es tun, ob es gut genug ist, ob wir gut genug sind.


Wir überlegen, was die anderen von uns halten, wie gut wir "ankommen", wie wir wirken und wir wollen üben und lernen, wie wir "noch besser werden" können.


Weniger schüchtern, weniger aufgeregt, weniger unsicher. Mehr voran, mehr Power, mehr Workshops, noch mehr Kontrolle über unsere Worte, Gesten, Gefühle...


Und wir alle wünschen uns im Grunde nur Bestätigung. Ein Schulterklopfen. Ein "Fein- hast du gut gemacht!" Ein Danke. Ein Klatschen. Einen dicken Daumen nach oben!


Weil wir alle tief im Herzen unsichere Kinder sind.


Nur zeigen wir es auf unterschiedliche Weise.


Die einen werden laut und wirbeln Staub auf - wie die Bisons in der Tierdoku, die Oma immer guckt. Oder in der Politik.

Je bedürftiger diese Alpha-Viecher sind, desto mehr brüllen und stauben sie rum, bis endlich einer hin guckt.


Andere fangen an zu stottern, werden rot, verlieren den Faden - und sich selbst.


Wieder andere suchen ihre innere "Sicherheit", indem sie sich an Plänen, Abläufen und Handzetteln festklammern, damit ja nichts schief geht oder "peinlich" wird.


Warum ist es so schwer zuzugeben, dass man auch manchmal einfach nicht will oder kann?


Warum glauben wir, dass immer alles perfekt sein muss?


Warum brauchen wir "geschützte Räume", um uns zu zeigen, wie wir sind - mit all unseren starken und auch schwachen Seiten?


Weil wir glauben, dann schwach zu sein und uns angreifbar zu machen.

Weil wir Angst haben, dass diese Schwäche dann ausgenutzt wird und wir "weggebissen" werden - wie im Tierreich. Oder in der Politik.


Wir tragen zwar heutzutage Röcke und Anzüge und kein Fell mehr - und trotzdem fühlen wir immer noch die gleichen Ängste wie in der Steinzeit. Dementsprechend verhalten wir uns dann auch.


Die Wahrheit ist:


Wir müssen keinem irgendwas beweisen- außer uns selbst.


Ja - jeder Mensch braucht seinen "Tribe", der ihn stützt.


Aber wir müssen nicht um die Aufmerksamkeit von Gegenern und Kritikern ringen - denn wenn wir wir selbst sind, wird unser "Stamm" uns ganz von allein finden.


Wir ziehen an, was wir ausstrahlen. Wir bekämpfen, was wir nicht haben wollen an uns.


Wir dürfen lernen, die Waffen zu strecken - denn wir dürfen sein wer wir sind, mit allem was zu uns gehört.


Es gibt nichts zu bekämpfen, außer das was wir ablehnen. Wenn wir auch die Seiten die wir an uns nich haben wollen annehmen, wird dieser Kampf hinfällig.


Es wird Zeit für mehr Wahrheit.


Ich kann die Gesellschaft nicht verändern - aber ich kann bei mir anfangen.


Ja. Ich habe viele Probleme.

Ja ich bin ein bischen anders als die meisten.

Ja ich bin nicht perfekt und mamchmal vielleicht zu laut und zu aufdringlich.

Ja ich bin unsicher und weiß oft nicht mehr wo oben und unten ist.


Und das ist ok.


Ich muss mich nicht ständig kontrollieren und verstecken.


Kennt ihr den Film "Rocky"?

"Du bist kein Schwächling - du bist besser als die anderen" sagt dort der Trainer zum Schüler.


Nein, ich muss nicht immer besser sein als alle anderen.


Aber ich will die beste Version sein, die ich heute von mir selbst sein kann.

Besser als gestern.

Mit all meinen persönlichen Ecken und Kanten.


Ich darf es spielen lassen, mein inneres Kind.


Sollen sie mich doch hauen mit ihren Schaufeln, die anderen Kinder.

Ich halte euch gleich noch die andere Wange hin!


Ich hab jetzt sowieso die längste Schaufel!



Oh man, war das anstrengend!

Oh mein Gott, war das großartig!


Achso- und wegen dieses Spiels:

"Verrate eine Sache aus deinem Leben, von der die anderen in der Gruppe nichts wissen..."


Ich wusste nicht, wie ich ein ganzes Buch in einen Satz bringen soll ... wir machen das mal in einer separaten PowerPoint Präsentation!

Spoiler: Ich bin auch mal spontan Fallschirm gesprungen - nur ohne Fallschirm...







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